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                                                                                                                                  Chinas Ministerpräsident Li Keqiang und Bundeskanzlerin Angela Merkel.                                                                        

 26./27. Mai 2013

Deals mit China

von Meinrad Heck und Peter Maurer (Fotos)

   

In der Hauptstadt wehten die Fahnen und strahlten die Gesichter. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang hatte sich Berlin für seinen Antrittsbesuch ausgesucht. Zeitgleich bereitete sich ein paar hundert Kilometer westlich in Brüssel ein sehr spezieller Ausschuss des Europäischen Parlaments von der Öffentlichkeit eher unbeachtet auf eine seiner vielen Sitzungen vor. Der EU-Ausschuß "Organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Korruption" würde sich auch mit China befassen. Allerdings weniger mit netten Gesten, als mit handfesten und ziemlich unangenehmen Fakten.

Menschenrechte: Es ist, wie es ist

In Berlin befragten die Hauptstadt-Journalisten Regierungsprecher Steffen Seibert zu diesem Zeitpunkt noch zu den deutsch-chinesischen Konsultationen und den milliardenschweren neuen bilateralen Verträgen. Fast beiläufig kam auch die Menschenrechtsfrage zur Sprache. Seibert erklärte dazu: "Wir werden nicht erleben, dass sich (solche) Fragen mit einem Gespräch oder bei einer Begegnung plötzlich auf wundersame Weise lösen". Aber es sei "wichtig, dass sie angesprochen werden und dass man Begründungen dafür austauscht, warum die Situation so ist, wie sie ist" und "unsere Überzeugung darlegt, dass eine rege bürgerliche Beteiligung China reicher macht und nützt, nicht gefährdet". Ansonsten, so Seibert, habe die Bundeskanzlerin "atmosphärisch gut an die bisherigen Begegnungen anknüpfen" können.

Da war die Atmosphäre zeitgleich in Brüssel beim EU-Antikorruptionsausschuss schon etwas schwieriger gewesen. So viele Milliardengeschäfte in Berlin auch wieder festgeschrieben wurden, die EU-Parlamentarierer mussten sich mit der unangenehmen Kehrseite der Medaille auseinandersetzen. China ist und bleibt das Land mit den meisten Produktpiraten.Und die machen der europäischen Wirtschaft eben auch schwer zu schaffen.

Marius Schneider, Rechtsanwalt bei der European Communities Trade Mark Associiation erzählte den Parlamentariern, wie Europol im Mai 2010 in Neapel einem Camorra-Mafia-Clan auf die Schliche gekommen war, der höchst lukrative Geschäfte mit China und dort produzierten gefälschten Waren gemacht hatte. Bargeld und Konten im Umfang von 11 Millionen Euro waren eingefroren worden. 60 Verhaftungen, 800 Tonnen beschlagnahmte Waren, elektrische Generatoren, Kettensägen oder auch Kleider, allesamt produziert in China und weltweit über den Hafen von Neapel vertrieben, nicht ohne zuvor die Labels mit den Markennamen zu fälschen. Nur ein Beispiel von vielen. An europäischen Grenzen waren 2011 insgesamt gefälschte Waren im Wert von 1,3 Milliarden Euro aus dem Verkehr gezogen worden. 72,95 % stammten aus China.

Mehr als dies zur Kenntnis zu nehmen blieb den Parlamentariern in Brüssel nicht übrig. Dafür wehten in Deutschland die Fahnen und beim Staatsbesuch wurde eitel Sonnenschein inszeniert. Das deutsch-chinesische Handelsvolumen von derzeit 144 soll innerhalöb von zwei Jahren bis 2015 auf 200 Milliarden Euro wachsen. Schaden und Nutzen - eine ganz einfache Rechnung.

 

 

 

 

Nette Gesten für Kameras in Berlin - Chinas Ministerpräsident Li Keqiang und Angela Merkel. 

 

 

  

 

 

Weniger nette Zahlen bei der EU in Brüssel: China ist und bleibt das Land, aus dem fast drei Viertel aller in der EU festgestellten Markenrechtsverletzungen (IPR = Intellectual Property Rights) kommen. (Quelle: Statistik der EU-Kommission)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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